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BANDENCHECK

Online-Zeitung

       Ausgabe 3

Liebes Playofftagebuch...

18.03.2014

Liebes Playofftagebuch...

Do. 13. März
Liebes Playofftagebuch,

am Montag habe ich endlich mein Playofflied gefunden. Auf dem Weg zum Kino hörte ich wie immer den Sender meines Vertrauens, der mir schon seit Wochen die neue Placebo-Single „Loud Like Love“ andrehen will. Inhaltlich passt der Song natürlich nicht so ganz, aber irgendwie fühl ich mich durch das penetrante „Breathe! … Breathe! … Breathe! … Believe! … Believe! … Believe!“ erinnert an diese Anspannung, Panik und Hoffnung, die wir alle an diesem 27. März 2007 verspürt haben, als wir atemlos bei jedem Schuss auf eines der Tore einen halben Herzinfarkt bekommen haben. Der Song hat es jedenfalls auf die Liste geschafft, doch der Sender meines Vertrauens spuckte mir noch einen viel besseren Text aus:

„I don’t wanna wake up – I don’t wanna wake up
Keep this dream alive
I can’t get enough so let’s go for another ride
I wanna sing – I wanna dance
Let me take you all around the world tonight”

Wenn das mal nicht wie die Faust aufs Auge passt! Gut, auch hier ist der restliche Text nicht unbedingt hockeytauglich, aber egal. „The Knight in Shining Armour“ – etwas pathetischer Titel. Wir haben zwar keinen Ritter im Team, aber immerhin können wir einen schwedischen Eisprintzen vorweisen. Vielleicht auch ein gutes Zeichen, dass er just gestern den Vertrag verlängert hat?
Was die Playoff-Vorbereitung noch so macht? Rechtzeitig zum Viertelfinalauftakt – falls DHL keinen Blödsinn macht – gibt’s ein neues Outfit für uns Mädels. Morgen geht’s noch mal zum Friseur, allerdings gibt’s keine playoffspezifischen Farbexperimente. Heute Abend wird die Arena noch mal inspiziert, während die hässlichste Frau, die Johnny Depp jemals gesehen hat, die Halle rockt.

Deine Kaddie

Fr. 14. März
Liebes Playofftagebuch,

wunderbar, im Prinzip könnt’s heute schon losgehen. Die gute alte Alice hat zwar gestern versucht die Bude abzufackeln, aber ich denke bis Sonntag ist das Eis in der Süd bereit für uns. Und falls Mr. Haskins doch über ein Loch im Eis stolpert, soll’s uns recht sein. Immer wieder eigenartig, wenn man in der Halle ist, keiner Hockey spielt und die falschen Leute auf seinem Stammplatz sind.
Der DHL Bote war auch schon da, das Outfit und die Frisur sitzt, worauf warten wir also noch?! Zwei Tage noch. Dann geht’s los. Endlich.

Deine Kaddie

Sa. 15. März
Liebes Playofftagebuch,

der Blick auf den Kalender verrät: Nur noch einmal schlafen, dann sind Playoffs. Es ist wieder da, das alte Fieber. Erstaunlich wenig Panik, vielleicht weil’s doch ungewohnt ruhig und verschwörungstheoriefrei war in dieser Saison. Optimistisch war ich schon oft vor den Playoffs, aber diesmal gibt es einfach auch das Wissen, dass Leute da sind, die notfalls durchspielen bis das Spiel gedreht ist und vor allem das Spiel dann auch drehen. Mit Wolfsburg gibt’s natürlich ausgerechnet den Gegner, gegen den wir es in dieser Saison besonders schwer hatten. Diese Quälgeister und Spielverderber! Vielleicht steigert das die Motivation noch zusätzlich, wobei ich an der selbigen absolut keinen Zweifel habe. Etwas Angst hab ich allerdings vor der Zerstörungswut einiger Spieler, der im letzten Aufeinandertreffen bekanntlich Jame Pollock zum Opfer fiel.

 

Deine Kaddie

 

Di. 18. März
Liebes Playofftagebuch,

es ist wieder passiert. Gigantische Vorfreude aufs erste Spiel und dann sowas. Man möchte meinen, dass es beim wasweißichwievielten Mal weniger enttäuschend ist, wenn das Auftaktspiel in den Sand gesetzt wird. Diesmal war’s halt deshalb bitter, weil anscheinend (mal wieder) keinem ein produktiver Weg eingefallen ist um mit der Spielweise der Wolfsburger umzugehen. An mangelnder Motivation oder Einsatzwillen lag es nicht, sie waren „stets bemüht“, wie man so schön sagt. Andererseits, es konnte ja auch nicht gut gehen. Das hatte ja der ältere Eishockeyexperte neben uns schon vor dem Spiel prophezeit. Schon seit Jahren weiß er ganz genau, dass wir jedes einzelne Spiel grottenschlecht spielen und haushoch verlieren. Gut, dass er nur ca. fünfmal die Saison auftaucht um seine Meinung zu bestätigen. Das nächste Mal glaube ich einfach seinem Eishockeysachverstand und mache mir gar nicht erst irgendwelche Hoffnungen. Nach dem ersten Spiel ziehen wir also das historisch belegte Fazit: Viertelfinale stinkt!
Morgen geht es dann in die nächste Runde. In Wolfsburg, wo die Tigers das letzte Mal Anno 2009 gewinnen konnten. Ach genau, die Schiris sind natürlich auch alle gegen uns und so. (Es wäre tatsächlich nett gewesen, Herrn Haskins darauf hinzuweisen, dass es doch recht unhöflich ist penetrant zu versuchen Herrn Stastny zu enthelmen.) Oje, die Welt geht unter, wir haben keine Chance, warum treten wir überhaupt an? In diesem Sinne:

„Auch wenn die Zeichen gerade alle gegen dich stehn
und niemand auf dich wetten will,
du brauchst hier keinem irgendeinen Beweis zu bringen,
es sei denn es ist für dich selbst!“

Deine Kaddie

Mi, 19. März
Liebes Playofftagebuch,

Nordbayern.de war gemein zu mir. Da erkundigt man sich friedliebend nach neuen Artikeln und dann sowas. Es wird kräftig auf die Tränendrüse gedrückt, weil diese Nostalgiker als Artikelaufhänger den guten alten André Savage ausgraben. Nicht, dass er verbuddelt wäre, aber es ist dann doch schon eine Weile her, dass er – ein absolutes Vorbild an Einsatz und Spielwitz – für uns die Schlittschuhe schnürte. Savage, stabil wie ein Jaspers, agil wie ein Stastny mit gesundem Knie, variabel wie ein Regier, aufmerksam und höflich wie ein Pollock, genial wie ein Reinprecht und einsatzfreudig wie ein Reimer. Dem hätte man ein Körperteil abhacken können, der wäre nur kurz in die Kabine zum zusammentackern und beim nächsten Wechsel wieder auf dem Eis gestanden. Außerdem war er wohl der einzige, der die zugegebenerweise genialen Masterpläne von Brian Swanson verstanden hat – andersrum war’s leider genauso. Doch genau dieses Masterplanverständnis bescherte uns 2007 das, worauf wir alle hoffen. Erst wurde nach 0:2 Rückstand die Serie unter ganz starkem Einfluss eines gewissen Jame Pollocks, der in dieser Serie sogar von hinter dem eigenen Tor geschossen hätte, mit vier Siegen in Folge gedreht. Im entscheidenden Spiel dann die Szene in der Verlängerung: An der blauen Linie Pollock und Laflamme, links neben dem Tor Savage, rechts Swanson. Der Puck kreist, Savage und Swanson spielen sich den Puck gefühlte hundertmal hin und her, der Gedanke, die beiden umzubringen, wenn sie sich noch einmal zupassen sollten, manifestiert sich, dann fasst sich Swanson ein Herz und die Mannschaft bricht in Jubel aus. Der unglaubliche Moment, auf den wir so viele Jahre gewartet hatten. Selbst der Finaleinzug konnte das nicht toppen.

Deine Kaddie
 

 

Do., 20. März
Liebes Playofftagebuch,
das war aber wirklich gemein! Diesmal hat mich kein alter weiser Herr darauf hingewiesen, dass das Spiel in die Hose geht. Ohne jegliche Warnung war ich mit dem Weltuntergang konfrontiert! Zugegebenermaßen habe ich nur die erste Hälfte des ersten Drittels gesehen, da ich eine andere Verpflichtung hatte. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt hatten wohl einige schon bemerkt, dass das nix werden kann. Warum sagt mir das denn keiner! Und schon kommt das fette déja-vu: WIR STEIGEN AB! ALLES VERSAGER! WIR HABEN KEINE EINZIGE CHANCE MEHR ÜBERHAUPT JEMALS EIN SPIEL ZU GEWINNEN GESCHWEIGEDENN EIN TOR ZU SCHIESSEN! Es muss echt frustrierend sein mit so einer Einstellung durchs Leben zu gehen. Stellt euch mal vor, unsere Spieler würden nach dem ersten gescheiterten Torschuss mit so einer Haltung weiterspielen „Ich treff das Tor heute sowieso nicht, also kann ich’s auch bleiben lassen…“ Allen Ewignörglern sei gesagt, das hat nix mit einer rosaroten Brille zu tun, sondern mit der Grundeinstellung. Wenn ich hinfalle oder versage, dann steh ich wieder auf und versuch’s besser oder anders zu machen. Da bleib ich nicht liegen und heule rum oder versinke im Selbstmitleid. Statt weiter auf die am Boden liegenden einzutreten, sollte mal jeder im Stadion die Energie, die er aufs Meckern verschwendet, in Anfeuerung umwandeln. Stellt euch mal vor, was da für ein Lärm in der Halle wäre! Wenn ich von der Mannschaft erwarte, dass sie bis zur letzten Sekunde kämpft und nicht aufgibt, dann muss ich als Fan genau den selben Anspruch auch an mich selber stellen. Das Motto für die restlichen Spiele muss lauten: UND JETZT ERSTRECHT! Und ja, genau diese Stimmung habe ich schon einmal erlebt. Resignation pur nach dem zweiten Spiel, jeder hackt auf jedem rum. Dann wurden Helden geboren.

Deine Kaddie

Sa., 22. März
Liebes Playofftagebuch,
gestern ist’s passiert: Der Kampfgeist der Zuschauer ist erwacht! Schon vor Spielbeginn war es erstaunlich laut in der Halle. Und diese Spannung, diese Energie, wurde das ganze Spiel über weitergetragen! Die Mannschaft hat sich den Allerwertesten aufgerissen und mit vollem Einsatz für den anderen gekämpft. Abgesehen von der kurzen und verheerenden Tiefschlafphase wurde ein beeindruckendes Tempo gehalten. Ich fühlte mich äußerst gut unterhalten. Jetzt immer weiter so – und zwar nicht nur die Spieler sondern auch die Zuschauer! Diese Energie, diesen Kampfgeist, dieses Vertrauen müssen wir mitnehmen und dann schaut die Sache nämlich ganz anders aus. Muss man denn immer erst auf den Tisch hauen?
Ich gebe zu, diesmal habe ich dann doch wieder etwas Aberglauben zugelassen. Genau wie 2007 nach Spiel zwei, kramte ich dann doch zum vermeintlich letzten Heimspiel meine Glücksbringer aus. Komischerweise funktioniert dieser Tiger aber anscheinend nur, wenn man mit 0:2 in der Serie zurück liegt. Zumindest besagt das meine empirische Playoffglücksbringer Studie. Es lebe die Wissenschaft!
Morgen heißt es dann „Roadtrippin’ with my two [und noch mehr] favorite allies / Fully loaded we got snacks and supplies…“. Und zur Belohnung, dass wir gestern so schön Krach gemacht haben, gibt’s auch noch die Fahrt für DK Kunden umsonst. Freut mich sehr! Es ist Zeit die Serie auszugleichen und dann ist ALLES möglich!

Deine Kaddie

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